Rückblick Sommersession 2023 des Grossen Rats Bern
24. Juni 2023 – Von der Grossrätin der Stadt Bern Sibyl Eigenmann.
Der Höhepunkt für unsere Fraktion ging bereits am ersten Tag der Sommersession über die Bühne: Francesco Rappa, unser Grossrat aus dem Emmental, wurde einstimmig zum neuen Grossratspräsidenten und somit höchstem Berner gewählt. Wir gratulieren unserem «Fräncu» zur glanzvollen Wahl und freuen uns auf die kommenden zwölf Monate mit ihm an der Spitze der Berner Politik.
Am Mittwoch war volle Konzentration gefragt für das emotionale Geschäft Avenir Bern Romande: Provisorien im Berner Jura für Justiz und Polizei. Ab 2026 wird Moutier nicht mehr zu Bern, sondern zum Jura gehören. Aufgrund dieses Kantonswechsels müssen auch die Berner Verwaltungseinheiten aus Moutier abgezogen und an einem neuen Ort im Kanton Bern untergebracht werden. Konkret geht es um die Justiz und Polizei. Die vorberatende Baukommission hatte sich gegen den von den Bernjurassischen Ratsmitgliedern gewünschten Neubau ausgesprochen. Stattdessen soll sich der Kanton in über den Berner Jura verteilte, bestehende Gebäude einmieten. Dies löste im Rat eine hochemotionale Debatte aus. Unser Fraktionschef Peter Gerber ging das Geschäft allerdings äusserst sachlich an: «Nach der Abspaltung der jurassischen Gemeinden, haben wir nun den Auftrag, die Aufgabe zu lösen und umzusetzen. Gegenseitige Vorwürfe bringen nichts, Flexibilität ist jetzt gefragt». Nach stundenlangen Beratungen inklusive zehnminütigem Beratungs-Timeout, damit fraktionsintern die diversen Anträge nochmals geprüft werden konnten, stimmte der Rat – wohl auch ein wenig dem Frieden zuliebe – grundsätzlich für einen Neubau. Die dafür notwendigen Kredite kommen allerdings erst in der Herbstsession in den Grossen Rat. Bis dahin wird sich die Mitte weiterhin zusammen mit allen Parteien für eine ausgewogene Lösung bemühen.
Gleichentags konnte unser Grossrat Jürg Rothenbühler einen grossen Erfolg feiern. Er forderte einen Zusatzkredit für den Bau der Berner Fachhochschule in Biel (BFH Campus) um CHF 1.5 Mio., damit diese mit Schweizer Holz gebaut werden kann. Jürg Rothenbühler begründete seinen Antrag staatsmännisch: «Die BFH ist die renommierteste Schule für Holz. Sie ist schweizweit bekannt und sogar führend in Holzbildung & -forschung in ganz Europa. Wollen wir wirklich ein Gebäude aufstellen, in dem für die nächsten Jahrzehnte unsere Holzfachkräfte ausgebildet werden, aber das Baumaterial kam bspw. aus Osteuropa? Das wäre ein Armutszeugnis.» Er überzeugte mit seiner Expertise und seinem Engagement für Schweizer Holz den Rat – sein Antrag kam durch. Eine grosse Freude für den «Hölzigen».
Die Mitte Kanton Bern stimmte ausserdem der Konzession für das Triftkraftwerk mit Überzeugung zu und hofft auf ein zügiges Baubewilligungsverfahren und einen raschen Bau der Staumauer an der Trift. Wir stehen ausserdem hinter der geplanten Vergrösserung des Grimsel-Stausees. Die beiden grossen Wasserkraftprojekte sind wichtige Bausteine zur vermehrten Winterproduktion von Strom und zur Erreichung der Ziele der Energiestrategie 2050.
Der Beginn der zweiten Sessionswoche stand ganz im Zeichen des Gesetzes über die Leistungen für Menschen mit Behinderungen (BLG). Der Systemwechsel von der Objekt- zur Subjektfinanzierung mit Assistenzbeiträgen für Angehörige, welchen der Kanton dem BLG vollzieht, ist eine schweizweite Premiere. Die Mitte-Fraktion unterstützt das neue Gesetz. Es will die Wahlfreiheit und Selbstbestimmung der Betroffenen stärken, aber achtet auch darauf, dass die finanziellen Mittel dafür nicht aus dem Ruder laufen. Unsere Grossrätin Sibyl Eigenmann fasst die Herausforderung für den Kanton mit dem komplexen Geschäft zusammen: «Es geht nun darum, das Gesetz in einem ersten Schritt umzusetzen. Für einen Erfolg müssen genügend Anreize für den Wechsel vorhanden sein, andererseits müssen die Kosten im Zaun gehalten werden. Dank der vierjährigen Einführungszeit können immer noch Feinjustierungen vorgenommen werden.»
Einen Erfolg konnte unser Fraktionschef Peter Gerber mit seiner Motion «Massnahmen gegen Debitorenverluste in Heimen» verbuchen. Fast einstimmig stimmte der Grosse Rat seiner Motion zu, welche fordert, dass die Finanzierung von Pflege und Betreuung in Heimen bis zum Todestag sichergestellt ist und auch entsprechend ausgerichtet wird. Denn in Fällen des raschen und unerwarteten Ablebens eines Bewohnenden kurz nach seinem Heimeintritt kann es sein, dass die Heime auf den Kosten sitzenbleiben und gratis gearbeitet haben (Debitorenverluste). Dies soll nun behoben werden.
Völlig unbestritten war die Annahme der Motion unseres Grossrats Bernhard Riem, welche eine Strategie für den Wald-Wild-Lebensraum forderte. Der Kanton wird nun in einem Bericht Massnahmen darlegen, wie die Wildbestände dem gesamten Ökosystem Wald besser angepasst sowie wie eine Waldverjüngung mit standortgerechten und klimaangepassten Baumarten sichergestellt werden können.
Ebenso nahm der Grosse Rat die Motion von unserem Grossrat Matthias Matti für Massnahmen zur Krisenbewältigung des Lehrpersonenmangels an. Die Motion verlangt, dass der Kanton mehr finanzielle Mittel unter anderem für die Personalrekrutierung sowie der Einführung und Begleitung für Quer- und Wiedereinsteigende aufwendet.
Zum Abschluss der Sommersession nahm der Grosse Rat am Donnerstag die Jahresrechnung 2022 fast einstimmig an. Der Kanton schloss das letzte Jahr mit einem Ertragsüberschuss von 358 Millionen Franken ab. Zudem konnte der Kanton seine Schulden um 939 Millionen Franken senken. Ein Erfolg für das Finanzdepartement unter der Ägide unserer Regierungsrätin Astrid Bärtschi.